Aber warum will ich mein Leben wirklich ändern? Bin ich ein Aussteiger? Nein, ganz und gar nicht. Menschen entschließen sich aus verschiedenen Gründen zum Ausstieg, oft weil sie dem stressigen und hektischen Alltag entfliehen wollen, Ruhe und Natur suchen und ein einfacheres Leben abseits von Konsum und Leistungsdruck erstreben.
Doch bei mir ist es genau das Gegenteil: Wenn die Tage stressig, hektisch und anspruchsvoll sind, blühe ich auf und werde kreativ. Ich verlange nach ständiger Abwechslung und Abenteuern, und die Ungewissheit darüber, wie der Tag enden wird, steigert meinen Adrenalinspiegel und gibt mir Flügel. Erst wenn ich todmüde und erschöpft ins Bett falle, war es ein gelungener Tag und fühle mich glücklich.
Einige Jahre später erlebte ich ein ähnliches Gefühl, obwohl die Situationen komplett unterschiedlich waren.
Ich war beim Jagdkommando, der Eliteeinheit des österreichischen Bundesheeres.
Podcast 002 in Video
Dort absolvierte ich die Fallschirmsprungausbildung, Überlebens- und Kampfschwimmerausbildungen sowie Alpinausbildungen im Winter und im Sommer.
Zusätzlich gab es Übungen mit kilometerlangen Märschen im Gebirge bei jedem Wetter, viel Gepäck und wenig Schlaf, die mich mehr als einmal an meine Leistungsgrenzen brachten.
Doch nach jeder Übung oder Ausbildungsabschnitt kam ein Gefühl des Erfolgs auf, das ich im normalen Leben nicht kannte.
Nach einigen Jahren als Ausbilder bei dieser Einheit ließen die Erfolgserlebnisse nach, da fast alles wieder zur Routine wurde. Und das, obwohl die Märsche genauso anstrengend waren und der Regen in gleicher Weise nass war wie für die Kursteilnehmer, empfand ich alles insgesamt etwas leichter.
Zu dieser Zeit suchte ich in meiner Freizeit nach neuen Herausforderungen, um den fehlenden Kick zu bekommen, den ich vermisste.
Michelin Testzentrum, 15 km von Cabo de Gata entfernt.
So begann ich mit dem Skateboardfahren, was zu dieser Zeit in Österreich noch weitgehend unbekannt war. Mein Ziel war nicht das Erlernen von Tricks, sondern das rasante Herunterfahren von Bergstraßen und das rechtzeitige Ausweichen der entgegenkommenden Fahrzeuge zu lernen.
Ein weiteres Abenteuer war das Fallschirmfliegen mit dem vorher genannten Fallschirm. Es ist ein für schwachen Wind konzipierten Fallschirm, was sich als ziemlich waghalsig herausstellte, bei meinen Flügen bei starkem Wind.
Auch das Motorradfahren bot mir den notwendigen Adrenalinkick. Langsam fahren war keine Option für mich und die Suzuki 1000 war meiner Meinung nach nicht dafür gemacht.
Als ich darauf verzichtete, beim Bundesheer die Karriere als Beamter anzunehmen und meinen Vertrag nach 10 Jahren auslaufen ließ, nahm ich vor allem eines mit: "Nie aufgeben" und "Aufgeben gibt es nicht".
Während meiner Militärzeit war schon geplant, danach Berufstaucher zu werden und als Schwertaucher auf einer Bohrinsel zu arbeiten. Mein Interesse lag weniger am Tauchen selbst, sondern vielmehr daran, 3 Monate als Taucher tätig zu sein und anschließend 8 Wochen Urlaub irgendwo auf der Welt zu verbringen.
Der Job scheiterte an meiner Körpergröße, mit 1,89 m war ich zu groß. Alle anderen Anforderungen erfüllte ich, wie z. B. einen technischen Beruf erlernt zu haben, Spreng- und Unterwassersprengbefugnis sowie einen Motorbootführerschein usw.
Die einzige Alternative war, bei einem Tauchunternehmen in Wien zu arbeiten, jedoch reizte mich die Arbeitsgebiete in der Donau oder in Stauseen, nicht.
Salinas bei Cabo de Gata mit Flamingos
Deshalb entschied ich mich dafür, als Türsteher in der verrufensten Diskothek in Wien zu arbeiten. Hier war Action garantiert, fast täglich. Dennoch brachte der Job einige Nachteile mit sich, da man öfter härter durchgreifen musste, führte das zu Anzeigen und Gerichtsverhandlungen, die jedoch alle mit Freispruch endeten.
Langfristig war dies keine gute Zukunftsperspektive, daher zog ich rechtzeitig die Reißleine und startete mein Spanienabenteuer wenige Wochen nach der letzten Gerichtsverhandlung.
Mit dem Jeep verließ ich Österreich Richtung Gabo de Gata mit einigen Surfbrettern und wenig mehr mit Ideen, aber ohne genauen Plan.
Jetzt, nur wenige Stunden vor meinem Abenteuerstart in Gabo de Gata, beschäftigt mich noch etwas anderes. Während meiner Zeit beim Militär gab es Momente, in denen ich dachte, dass ich nach Dienstschluss ein normales Leben wie alle anderen führen müsste.
Anfangs lief alles gut, doch dann brach ich zum zweiten Mal in meinem Leben aus einer scheinbar heilen Welt aus und ließ Menschen, die es nicht verdienten und sicherlich noch weniger verstanden, alleine zurück.
Aber diesmal machte ich es besser, es wusste niemand aus meinem näheren Umfeld, wo ich mich aufhielt, geschweige denn, was ich vorhatte. Ich hatte nicht mal eine Telefonnummer von irgendwen. So war auf mich allein gestellt und genauso möchte ich es.
Die Verladestation für Bodenschätze, “Cable Inglés” genannt, steht in Almería. Sie war in Funktion von 1904 bis 1970.
Die Anlage gilt als industriehistorisches Denkmal.